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Hier geht es weiter mit dem zweiten Teil unserer Skidurchquerung vom Kanton Uri, über das Tessin ins Wallis. Den ersten Teil findest du hier.

Der Wetterbericht für Tag vier deutete an, dass wir am Nachmittag deutlich schlechtere Sicht haben werden, da sich eine kurze Schlechtwetterfront für den Freitag annäherte. Der Morgen sollte sich jedoch noch von seiner besten Seite zeigen und somit heißt wieder früh hinein – und etwas früher hinaus dem Bett.

Im sanften Morgenlicht fahren wir die ersten Höhenmeter vom Rifugio Claudio e Bruno hinab zum Hohsandgletscher. Von dort aus geht es mit einer kleinen Abfahrtsvariante, weiter in Richtung Ofenhorn 3.235 m. Die letzten Meter des Gipfelaufbaus werden steiler und in der Höhe müssen wir alle etwas mehr schnaufen als üblich. Leider pfeift uns während des ganzen Aufstiegs wieder ein kalter, recht ungnädiger Wind um die Ohren und macht uns besonders die letzten Steilstufen ein wenig unangenehm.

Sonnenaufgang am Rifugio Claudio e Bruno
Sonnenaufgang am Rifugio Claudio e Bruno

Am Gipfel schwächt der Wind zu unserer Freude ab und wir haben das Finsteraarhorn, sowie die Paradegipfel des Wallis und des Monte Rosa um uns in freier Sicht. Selbst die Berninagruppe versteckt sich nicht hinter den Wolken und wir können vor Philippe’s Abfahrtsvariante über die Egger Scharte noch ein wenig unsere Kräfte sammeln. Im Anschluss geht’s mit ein paar schönen Schwüngen hinunter zur Binntalhütte.

Blick vom Ofenhorn zum Monte Rosa Massiv und in das Wallis
Blick zum Groß Grünhorn, Aletschhorn, Finsteraarhorn, Schreckhorn (von links)

Die Binntalhütte ist nur an dem Osterwochenende im Winter bewirtschaftet und wir haben Glück, dass wir noch ein Plätzchen in der netten SAC-Hütte ergattern konnten. Die Hüttencrew macht trotz dem ständigem Schneeschmelzen – die Hütte hat keinen Wasserzugang – einen super motivierten Eindruck und auch hier bekommen wir wieder eine feine, vegetarische Alternative auf den Teller gesetzt. Den Sonnenuntergang verpassen wir leider, da sich bereits die Wolken am Himmel breit gemacht haben und so macht es gar nichts, dass man den Hüttenabend entspannt vor dem Kamin verbringt.

Am Folgetag zeigt sich der Himmel, wie erwartet in nebligem Weiß.
Umso schöner ist es, dass wir heutige Tagesetappe kürzen können. Mit dem Gipfelverzicht erreichen wir relativ zügig unseren letzten Hüttenstopp: das Rifugio Castiglioni. An zwei großen Speicherteichen geht es in einem ständigen Auf- und Ab wieder auf die italienische Seite, in den Piemont und wir finden sogar noch ein paar schöne, fast schon pistenartige Abfahrtsmeter. Wie erhofft, bekommen wir an der Hütte ein leckeres italienische Pastagericht auf den Teller und essen hier einen der besten Kuchen seit Beginn unseres „Grenzgangs“.

Am nächsten Tag wachen wir mit dem ersten indirekten Sonnenlicht im Zimmer auf. Mittlerweile haben auch wir uns an das frühe Essen gewöhnt und wir steigen gut gesättigt die ersten 450 Höhenmeter mit den Skiern am Rucksack auf und treffen dabei auf eine beeindruckend große Herde Steinböcke.

Steinböcke in Cantone
Steinböcke bei der Alpe Devero

Danach lassen sich auch schnell wieder die Ski anschnallen und wir ziehen unsere Spuren bergauf bis wir einen ein bis zwei Tage alten Lawinenkegel erreichen. Dort erleben wir eine bizarre Situation. Wir entdecken einen verlassenen Rucksack mitsamt einem Paar Ski, angelehnt an einen Stein nahe des Unfallorts. Wir stellen sofort unsere LVS-Geräte in den Suchmodus.

Zwei unserer Geräte zeigen Signal – schwankend von 21 bis 45 Metern suchen wir den Hang ab, während Philippe mit der italienischen Bergrettung telefoniert. (Unglaublich, dass das hier überhaupt funktioniert, denn fast die ganze Tour hatten wir fast kein einziges Mal guten Netzempfang.)

Das Gespräch ist ebenfalls eine Lektion für uns, denn es dauert fast eine Stunde bis wir erfahren, dass sich die Lawine bereits am Montag ereignet hat. Mit einem tief sitzenden Schock über die Dauer und den Ausgang des Telefonats stellen wir schließlich nach zwei Stunden Telefonieren die bisher erfolglose Suche ein. // Update vom DAV: Das waren sogenannte Geister-Signale, ausgelöst von elektromagnetischen Interferenzen.

Wir schrauben uns im Anschluss in Spitzkehren hinauf zum Passo Marani. Auf das Schwarzhorn müssen wir aus Zeitgründen verzichten, da uns die Suchaktion doch knappe zwei Stunden gekostet hat.

Um wieder auf die Schweizer Seite zu gelangen fahren wir zunächst Richtung Nordwesten ab.

Wir haben eine lange, pulvrige Abfahrt vor uns. Überraschenderweise stoßen wir dabei kein einziges Mal auf schlechte Schneequalität. (Nach den vielen, vielen Metern Bruchharsch doch verdient.😄)

Lediglich ein paar Steine werden aufgrund der dürftigen Schneelage des ganzen Winters von unseren Skiern ab und an berührt. Dann nähern wir uns auch schon schnell dem letzten Ziel: Dem Binntal – auf der Schweizer Seite. Auf den letzten Metern vor dem kleinen Örtchen Binn hat es im Wald aufgefirnt und bietet selbst hier noch puren Abfahrtsgenuss. Die letzten zwei Kilometer bis zu unserer Unterkunft müssen wir zwar tragen, aber nachdem wir mit weitaus mehr „Wandermetern“ gerechnet haben, treten wir den Marsch glücklich und ein wenig müde an. Zusammenfassend kann man nur sagen – Was für eine unglaublich schöne, abwechslungsreiche Skitour!